Ein erschreckender Großteil der Gestalter und Designer besitzt in Bezug auf Typographie kaum anwendungstaugliches Basiswissen. Da erhält man als Folgeauftrag doch schon mal Gedichtbände, Visitenkarten oder Unternehmenslogos, die aus irgendwelchen dem Betriebssystem mitgelieferten Schriftsätzen zusammengezimmert worden sind. Trotz wertiger Druckmaterialien wirken die Produkte billig. Schade drum.
Dabei lohnt bereits die geringe Mühe, Buchstaben- und Wortzwischenräume anzupassen und korrekte Satz- und Sonderzeichen zu verwenden. Auch ohne das Layout zu verändern, erhält man so weitaus angenehmere Ergebnisse. Die fallen im Vergleich sogar dem Kunden auf. Der kann die Änderungen zwar oft nicht spezifisch benennen, bemerkt jedoch das rundere und angenehmere Erscheinungsbild.
Was kann man nun explizit tun?
Um die gröbsten Typofehler zu vermeiden, sollte zuerst ein ordentliches Satzprogramm verwendet werden. Programme der Adobe-CS-Suite oder das Urgestein QuarkXPress beherrschen das akkurate Setzen der geladenen Schriften. Die Zwischenräume bei variablen Buchstabenabständen werden deutlich exakter und lesbarer gesetzt, als es andere Programme tun.
Ein weitere Basis bilden professionelle Schriftsätze. Anfangs genügen durchaus günstige Sammlungen (z.B. Linotype Essentials). Steht die Produktion eines kompletten Magazines oder Buches ins Haus, lohnt es sich indes, seinen Lieblingsfont in der professionellen Variante zu erwerben. Die Buchstaben sind nicht nur besser ausgeformt, auch Zwischenräume werden besser gesetzt und die kompletten Sonderzeichen sind auch gleich alle dabei. Die Mehrkosten machen sich durch Zeitersparnis während der Typokorrektur und ein besseres Schriftbild schnell bezahlt.
Doch was tun, wenn das Budget knapp oder eine Schrift vorgeben ist? Hier bleibt nichts anderes übrig. als in die madige Kirsche der manuellen Korrektur zu beißen. Unter (a) so ein Kandidat, der die Ziffer 1 als Festabstand einklinkt (obwohl der Rest des Schriftsatzes mit variablen Abständen arbeitet). Manuell müssen hier die Abstände davor und danach korrigiert werden. Das Verringern des Weißraumes zwischen den einzelnen Buchstaben nennt man übrigens Unterschneidung oder (im Englischen) Kerning.
Tückischer verhalten sich Serifenschriften (b). Gerade Freefonts flattern lodrig zwischen den Lettern, was man auch mit automatischer Unterschneidung (zweite Zeile) nicht in den Griff bekommt. Zum einen fällt der unschöne Abstand zwischen H und E ins Auge und die sich berührenden Buchstaben K und I sind sowieso ein NoGo. Händisches Ausgleichen ist angesagt.
Am wenigsten Arbeit macht der Helvetica-Font (hier eine einfache Black-Version von 2004) (c). Schon ohne Unterschneidung sorgt der für einen angenehmen Lesefluss. Für große Überschriften empfiehlt es sich, den Buchstabenabstand etwas zu verringern. Etwas tricky sind hier die Abstände zwischen L und U sowie P und E, die händisch angepasst werden müssen.
Wer sich nur eine Weile mit dem Thema beschäftigt, merkt, dass ordentliches Design und Schriftsatz mehr ist, als einen Kundentext in einen aufgezogenen Textrahmen zu platzieren und die dazu passende Schrift auszuwählen. Erst die Zeit, die man sich für das Gestalten (manchmal jedes einzelnen Buchstabens) nimmt, lässt das Endprodukt individuell aus der Masse hervorstechen. Und das gefällt nicht nur dem Kunden, sondern wirkt auch als schlüssiges Argument zukünftigen Auftraggebern gegenüber.